Jesus Christus Der größte Liebende 




ZWEITES VORSPIEL


VOM EMPFÄNGLICHTEN LESER

 


 

Wenn hier der Liebe Lichtkraft deinem Schauen sich enthüllen soll, so ziemt es sich mit Fug und Recht, daß wir zuerst des größten Liebenden gedenken, unter allen, die auf Erden jemals Menschenantlitz trugen.

Du magst dich selber zu ihm bekennen, oder jenen Glaubensformen fernestehen, die auf seiner Lehre Grund im Laufe der Jahrhunderte erwachsen sind und Spuren seiner Lehre oft nur noch in widerspruchs erfüllten Lehrgebilden aus den Trümmern alter Tempel bergen; – doch wirst du schwerlich teilnahmslos an ihm vorübergehen können, wo immer seines Lebens Bild dir seine Lehre offenbaren mag.

Gewiß, – die Kunde seines Lebens ist gar mannigfach verschüttet und du wirst wenige Worte heute noch in ihrer Reinheit dort zu finden hoffen dürfen, so, wie sie einst der hohe Meister zu den Seinen sprach.

Doch, selbst in der Verschüttung leuchtet noch genug des Echten auf, und wenn du innerlich dich selbst bereitet hast zur Fähigkeit, das Echte auszusondern, wird der Schutt der alten heidnischen Kulte, wird das Meinungswerk der alten Schreiber der Berichte, gewiß nicht mehr das wahre Bild des Meisters dir verfälschen können.

Du mußt nur unbefangen prüfen lernen, was man dir darzubieten pflegt als scheinbar „gleichzeitliche” Bezeugung eines Menschenlebens, das seiner Mit- und Nachmenschheit ein Rätsel blieb bis auf den heutigen Tag…

Da man nicht wagte, die alte Kunde anzutasten, in der die Lehre, die des Meisters Mund einst gab, schon in den allerersten Zeiten fremde Formung fand, war allem Glaubenswahn, der diese Lehre sich in seiner Weise deuten wollte, freie Bahn gegeben, so daß es heute ein vergeblich Mühen ist, die Glaubensmeinungen, die so entstanden, um dieser Lehre letzte Wahrheit zu befragen.

Du wirst hier tiefer schürfen müssen, wenn du finden willst, und wenn du dann gefunden haben wirst, kannst du auch wirklich der vertrauten Glaubensmeinung, die von früher Jugend an dich führte, erst jene Tiefe geben, die Be-gründung bietet.

Es sei mir ferne, dir zu raten, deinem Glaubenskreise zu entfliehen, und irrig würdest du die Lehre deuten, die ich künde, wenn du etwa vermeinen solltest, daß ich einen neuen Glaubenskreis zu stiften willens sei!

Es mangelt uns wahrlich nicht an guten Glaubensformen, so sehr es auch an wahrhaft „Gläubigen der Tat” in den heutigen Tagen mangeln mag!

Nichts liegt mir ferner, als der töricht eitle Wunsch, die alten Glaubensformen nun um eine neue noch zu mehren!

Ich will, und muß jedoch nach binden der urgeistiger Verpflichtung, allem Glauben die Ver-tiefung bringen, deren er bedarf, mag er des eigenen Wertes noch so sicher, sich auch den „einzig wahren” Glauben nennen...

Was die durch mich geformte Lehre dir zu geben hat, wirst du im Grunde aller Religionen wiederfinden, wenn du einmal es erkanntest, – – dort, wo deines religiösen Glaubens Formen dir alt vertraute Helfer sind!

Uralte Weisheit gibt sich so dir kund, und aller „Glaubensgründe” tiefster Urgrund wird dir offenbar. –

In ihm ist jede Glaubensform verwurzelt, aus welchem alten oder neueren Mythos sie sich auch ihre Symbole formen mag!

Sei nicht vorschnell zufrieden in einem Urteil, das dir von anderen ein-gegeben ward, so daß es dir nun als aus dir selbst erstanden erscheint!

Vertraue dir selbst, wenn du hier zur Urteils-Fähigkeit erwachen willst! —

Nicht was andere sagten, darf dich irren, wenn du selbst der Wahrheit nahen möchtest!

Nur in deiner eigenen Wahrheit kannst du das Licht der Wahrheit unterscheiden von Truglicht und Täuschungswahn! —

So laß uns denn nach dem Bilde des Meisters suchen, soweit es jene Kunde noch enthüllen kann, die, „menschlich-allzu-menschlich”, Heiligstes mit eigener Meinung mischte!

 

(Aus Das Buch der Liebe pdf Seiten 14-18)




at the root of all relegions